Die Region Ústí nad Labem im Laufe der Jahrhunderte

Die günstigen Bedingungen im Gebiet der heutigen Region Ústí nad Labem (Aussig) zogen schon in prähistorischer Zeit Menschen an, die sich hier niederließen. In der älteren Steinzeit lebten hier Mammutjäger, in der Jungsteinzeit Bauern an der Ohře (Eger) und der Labe (Elbe) und um die Jahrhundertwende Kelten und Germanen.

Historische Beschreibung

Nach der Ankunft der Slawen tauchen in den Sagen die Namen der einzelnen Stämme auf, die sich um die tatsächlich belegten Burgen, die ab dem 10. Jahrhundert zu den Zentren der Burgbezirke des Přemyslidischen Böhmens wurden, ansiedelten. In den folgenden Jahrhunderten festigte sich in der Region das System der kirchlichen und adeligen Besitzungen, von denen das bereits 1057 gegründete Kapitel von Litoměřice (Leitmeritz) und die Familien der Berken von der Duba, der Wartenberger, der Hrabischitz und der Zajíc von Hasenburg die bedeutendsten waren. Ab dem Beginn des 13. Jahrhunderts entstand ein Netz von Königsstädten wie Žatec (Saaz), Louny (Laun), Most (Brüx), Ústí nad Labem (Aussig) und Litoměřice (Leitmeritz).

Nach einem etwas ruhigeren im 14. Jahrhundert wurde die Region zum Schauplatz mehrerer Schlachten während der Hussitenfeldzüge. Die Hussiten fanden vor allem in Žatec und Louny ein starkes Hinterland, das Zentrum in der Region um Litoměřice war Žižkas Burg Kalich (Kelchberg).

Ab der zweiten Hälfte des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gewann die Stadt Litoměřice an Bedeutung und wurde allmählich zur wichtigsten Stadt in Nordböhmen, auch während des Widerstands gegen die Habsburger um 1547 und der Reformation.

Der Brand der protestantischen Kirche in Hrob bei Teplice (Teplitz) gilt als eine der Hauptursachen für den Dreißigjährigen Krieg, unter dem die Region sehr litt. Die anschließende Armut und die Rekatholisierung führten zu einer Reihe von Bauernaufständen, die niedergeschlagen wurden. Trotz der religiösen und politischen Unterdrückung entwickelte sich die Region in der Barockzeit nicht nur kulturell, sondern auch industriell stark. Eine der ersten Manufakturen des Landes und eine Reihe von Baudenkmälern wurden hier errichtet.

Die erfolgreiche Entwicklung wurde durch den Österreichischen Erbfolgekrieg Mitte des 18. Jahrhunderts gestoppt. Österreichische bzw. preußische Armeen zogen ständig durch die Region. Die Abschaffung der Leibeigenschaft und später der Fronarbeit führte zu einer starken Entwicklung der Industrie. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Region Schauplatz der Napoleonischen Kriege.

In der Region mit einer großen Zahl von Arbeitern kam es ab Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Reihe von Streiks. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde die Region vom Landesinneren abgetrennt und an Deutschland angegliedert, da die deutsche Bevölkerung hier immer eine starke Rolle gespielt hatte.

Der vielleicht wichtigste Einfluss auf die Entwicklung der Region Ústí nad Labem kam nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die deutsche Bevölkerung im Rahmen des Prinzips der Kollektivschuld vertrieben und das Gebiet von Menschen aus anderen Teilen der ehemaligen Tschechoslowakei besiedelt wurde. Die meisten der neuen Siedler hatten keine kulturellen Bindungen an das Gebiet, und ihr kaum ausgeprägtes Verhältnis zur Region führte zu Abstumpfung und Gleichgültigkeit gegenüber der zentral geförderten Ausrichtung der Region auf Braunkohleabbau, Energie und Schwerindustrie, die zu einer Zerstörung des Gebiets führte.

Nach 1945 konnte die historische Besiedlung der Region nicht wiederhergestellt werden, und viele Dörfer mit historischen Traditionen verschwanden durch den Bergbau und die Industrie oder aufgrund ihrer Lage im Grenzgebiet und in Militärgebieten.

Nach 1989 gelang es durch Umweltprogramme, die Luft- und Wasserverschmutzung zu verringern. Auch die Umstrukturierung der Industrie von Großbetrieben hin zu neuen kleinen und mittleren Unternehmen wurde in Angriff genommen. Der wirtschaftliche Wandel brachte jedoch auch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit mit sich.

Auf der Grundlage der Reform der staatlichen Verwaltung und der lokalen Selbstverwaltung entstand die Region Ústí nad Labem am 1. Januar 2001 als eine der 14 Selbstverwaltungsregionen der Tschechischen Republik.

Wichtige archäologische Stätten

Alte böhmische Legenden der Region Ústí nad Labem

Der Georgenberg und der Urvater Böhmens
„Lasst uns an den Fuß dieses Berges gehen, dort werden die Kinder und das Vieh ruhen.“ Der Georgenberg ist mit der legendären Ankunft des Urvaters Böhmens und seines Stammes auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik verbunden. Wer kennt hierzulande nicht das Gespräch Čechs und seines Gefolges, nachdem sie zum Gipfel des Georgenbergs hinaufgestiegen waren: „‚Überlegt euch, was ein passender Name für das Land wäre. ´ Sie riefen sofort, wie durch göttliche Eingebung, aus: ‚Da du, Vater, Čech heißt, wo können wir einen besseren oder passenderen Namen finden, als dass das Land auch Čechy (dt. Böhmen) heißen soll?‘“ Mit dieser Legende, die erstmals von dem Chronisten Kosmas schriftlich festgehalten wurde, erhielt der Georgenberg für immer einen Platz unter den Symbolen des tschechischen Staates.

Stadice und Přemysl
„Seine Nachkommen sollen für immer und ewig über dieses Land herrschen.“ Diesen Satz soll die Fürstin Libussa zu dem aus Stadice, einer Stadt in Nordböhmen, stammenden Přemysl dem Pflüger gesprochen haben, den sie zum neuen Fürsten ihres Volkes auserkoren hatte. Dem Chronisten Kosmas zufolge stammte der künftige Fürst aus dem Geschlecht der Lemuzen und kam direkt vom Acker auf den Fürstensitz. Heute erinnert in Stadice ein Denkmal für Přemysl den Pflüger an diese Legende.

Peruc und Fürst Oldřich
„...ihr Gesicht war rein und sanft. Und so machte er sie zu einer Prinzessin.“ Eine monumentale, mehr als tausend Jahre alte Eiche in Peruc soll Zeuge der Begegnung von Fürst Oldřich (reg. 1012-1034) und der Bäuerin Božena gewesen sein. Oldřich soll sich auf der Jagd nach Peruc verirrt haben. Der junge Fürst war von der Schönheit Boženas so angetan, dass er sie mit nach Prag nahm und sie zu seiner Frau und Prinzessin machte. Ihr Nachkomme war Břetislav I., der von dem Chronisten Kosmas den Beinamen „böhmischer Achilles“ erhielt. Oldřichs Eiche thront noch heute in Peruc über Boženas Brunnen.

AUSGEWÄHLTE DATEN AUS DER GESCHICHTE DER REGION

762
Der Legende nach Entdeckung der Heilquellen in Teplice (Teplitz)
1057
Gründung des Domkapitels des Heiligen Stephanus in Litoměřice (Leitmeritz)
1126
Die Rotunde auf dem Georgenberg wird errichtet
1254
Der Deutsche Ritterorden gründet seine Komtur in Chomutov (Komotau)
1426
Hussitenschlacht bei Ústí nad Labem (Aussig)
1617
Niederbrennung und Zerstörung der Kirche in Hrob (Klostergrab) - Vorwand für den Dreißigjährigen Krieg
1697
Gründung der Textilmanufaktur in Osek (Ossegg) (zweitälteste in Böhmen)
1780
Die Festung Theresienstadt wird gegründet
1813
Napoleonische Schlacht bei Chlumec (Kulm) und Přestanov (Priesten)
1851
Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie Prag-Dresden
1934
Katastrophe in der Grube Nelson
1964
Beschluss, die alte Stadt Most (Brüx) wegen des Kohleabbaus aufzulösen
2001
Die heutige Region Ústí nad Labem wird gegründet